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EU-Schutzschirm: Demokratie auf griechisch


Gestern habe ich über das Demokratieverständnis der US-Regierung gelästert. Erst heute morgen bemerkte ich, dass in Griechenland derzeit in Sachen Demokratie ebenfalls etwas abläuft, was durchaus erwähnenswert ist:


Seit Monaten beschliesst dort die Regierung ein Sparprogramm nach dem andern. Würde das alles  sofort umgesetzt, dürfte der Staat kollabieren, mit oder ohne Finanzschirm. Einzige Lösung: Griechenland bleibt über Jahrzehnte durch den EU-Tropf ernährt.

Natürlich ist auch dem Ministerpräsidenten aufgefallen, dass diese Parlamentsbeschlüsse auf härtesten Widerstand der Bevölkerung stossen, seine Regierung und er selbst den Rückhalt verlieren und letztlich nur noch Getriebene sind. Nachdem nun die EU Hebelung und einen Finanzplan für Griechenland auf den Tisch gelegt hat, dürfte die Ernüchterung noch grösser sein. Schuldenschnitt um 50%, aber trotzdem weitere energische Einschnitte mit dem Ziel, die Staatsverschuldung bis 2020 auf 120 % des BIP zu drücken. Damit dies erreicht werden kann, sehen Analysten einen weiteren Finanzbedarf von rund 250 Mia €.  Krebsgang ohne Ende...

Das ganze Paket ist so weit geschnürt und könnte durch das Parlament, in welchem die Regierungspartei eine dünne Mehrheit besitzt, durchgewunken werden. Ministerpräsident Papandreou will aber einen anderen Weg gehen: Referendum. Das Volk soll diesen Plan absegnen.

Respekt: Wenn wir immer von Demokratie sprechen, aus Angst vor negativen Volksbefragungen aber immer mehr existenzielle Entscheide auf die Kommissionsebenen und am Volke vorbei verschieben, dann muss man nicht mehr von Demokratie sondern von Bürokratur sprechen. 

Papandreou, der sich als Politiker recht resistent erwiesen hat, scheint hier auch einen persönlichen Entscheid gefällt zu haben: Sich selbst und seinem Verständnis von Politik treu zu bleiben. Denn es ist klar, den fundamental-strukturellen Problemen Griechenlands wurde über Jahrzehnte international keine Beachtung geschenkt. So lange die Kohle rollte wurden unbesehen weitere Kredite erteilt und genau dies hat letztlich dazu geführt, dass eben das Land sich selbst nicht unter Reformzwang geriet, sondern munter weitere Kredite verbraten hat. Ein gesellschaftliches Problem, welches er mit diesem Referendum allen Griechen deutlich unter die Nase reibt.

Es wird sicherlich eine Herkulesaufgabe für Papandreou sein, seinem Volke die zur Abstimmung stehenden zwei Szenarien in aller Deutlichkeit aufzuzeigen. Scheinbar mutet er den Menschen jedoch zu, diese Zusammenhänge zu erkennen, in den bitteren Apfel zu beissen. Rund 60% der Griechen müssen noch überzeugt werden.

Gelingt Papandreou jedoch der Husarenstreich eines positiven Referndumsausgangs, dann hat er ein Meisterstück in Sachen praktizierte Demokratie eines Staatschefs abgeliefert, an dem sich viele westliche Demokraturen ein Beispiel nehmen könnten.  

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