Eine Woche nach diesem unfassbaren Unglück wird zwar weiterhin der Kapitän als verantwortungslos und in erster Linie schuldhaft betrachtet. Allerdings sind nun auch Fakten bekannt, welche die Reederei Costa Crociere in Schwierigkeiten bringen könnte. Diese versuchte in den letzten Tagen, die Gesamtverantwortung dem Kapitän aufzubürden, der inzwischen freigestellt und mit einer Klagedrohung von Seiten seines Arbeitgebers eingedeckt wurde. Nicht mal die Anwaltskosten sollen übernommen werden. Somit wäre der Sündenbock festgenagelt.
Die Darstellungen der Reederei sind jedoch offensichtlich nicht korrekt. Italienische Zeitungen haben Internetseiten der Reederei frühzeitig gespeichert. Darauf wird Werbung für eben diese "Verneigung" vor der Insel gemacht und insbesondere dem nun so beschuldigten Kapitän ein grosses Kompliment gemacht. Die Seite ist inzwischen von den Tageszeitungen ins Netz gestellt worden:
Quelle la Republica
Somit ist klar, dass all die scheinheiligen Beteuerungen der Reederei Lügen sind. Man wusste sehr wohl, von diesen Spritztouren und war sogar stolz darauf, hat diese riskanten Aktionen sogar als Werbemittel eingesetzt. Alle früheren Erklärungen sind also unglaubwürdig.
Deutlich wird, dass im Buhlen um Kundschaft offenbar Dinge unternommen wurden und werden, welche nach Seefahrtsrecht eigentlich nicht gestattet, von den lokalen Behörden jedoch offenbar toleriert werden.
Es stellt sich deswegen erneut die Frage, ob derartige Schiffe einzig und alleine einem Kommandanten unterstellt werden, welcher an Bord tun und lassen kann, was er will. Es muss ausserdem geklärt werden, was für Routen für diese Mega-Kreuzer erlaubt sind, und was strikte verboten ist. Offensichtlich gibt es hier Lücken und das Risiko tragen die Kunden, wenn denn mal was schief gehen sollte.
Ich komme zurück auf die Luftfahrt. Hier ist es möglich, den Kurs von Flugzeugen rund um den Globus zu verfolgen und Lotsen greifen ein, wenn irgendwo eine Unregelmässigkeit im Kurse vorliegt. Genau das müsste doch für diese Schiffe ebenso machbar sein. Somit wäre es nicht nur ein Kapitän, der als Angestellter im Auftrage des Arbeitgebers grosse Risiken eingeht, wenn er sich nicht an die Kurse hält. Nein, auch die Reederei liefe Gefahr, bei wiederholten Verstössen gegen diese Regeln ihre Lizenz zu verlieren.
Angesichts der aggressiven und verantwortungslosen Werbemethoden im Buhlen um Kundschaft und der Art und Weise, wie sich Costa nun aus der Verantwortung zu schleichen versucht, zeigt sich bereits, dass alle Beteiligten um die Illegalität derartiger Sondershows wissen.
Trotz allem, das Spektakel geht weiter: Vor drei oder vier Tagen ist ein Schwesterschiff der Concordia an der Unfallstelle passiert. Wieder östlich der Insel, obwohl die offizielle Route westlich liegt...
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