Die Kälte, welche von Osten und Norden
her über Europa hereingefallen ist, führt uns etwas vor Augen, was
üblicherweise locker verdrängt werden kann: Auch in unserer
Gesellschaft leben Menschen ohne ein Dach über dem Kopf wie
herrenlose Hunde auf der Strasse. Letztere werden eingesammelt und
kommen in ein Tierheim..., von wo man hofft, die Tiere weitervermitteln zu können. Bei „den Obdachlosen“ sind es
jeweils die Kälte und die damit verbundenen Todesfälle, welche uns
dieses Problem ins Bewusstsein bringt.
Es wäre zu einfach, diese Menschen
einfach als asozial und „die wollen es ja nicht anders“ etc.
abzustempeln. Die Zeiten haben sich geändert. Heute findet man unter
diesen Obdachlosen Personen mit guten Berufsabschlüssen, welche in
einem bestimmten Moment ihres Lebens arg gebeutelt wurden und dann die Kurve
nicht mehr gekriegt, sich mangels Perspektive teilweise auch
aufgegeben haben. Seit Jahren leben sie auf der Gasse. Keiner macht
dies freiwillig und hätte er die Wahl und die finanziellen
Möglichkeiten, würde sich jeder ein Zimmer mieten, so er denn eines
bekäme.
Nur, er hat nichts zu erwarten. Denn
zuerst soll er sich mal äusserlich so herrichten,
wie man es von
einem Mieter erwartet, soll er ein Einkommen vorweisen, welches die
Miete garantiert, soll er Referenzen vorweisen, welche allenfalls für
ihn bürgen. Ja, all dies haben diese Menschen schon hinter sich und
sie wissen: Für mich bürgt niemand und das, was ich allenfalls vom
Staate angeboten kriege, ist an Auflagen gebunden, welche nicht mehr
erfüllt werden können. Damit ist gesagt, viele dieser Leute sind
krank, physisch und psychisch.
Wo der Glaube an sich selbst fehlt,
können von aussen noch so viele Ratschläge gegeben werden. Wissen
wir denn, was diese Person vor Jahren alles probiert , genau diese
Ratschläge angewendet hat, sich gegen das, was sich da abzeichnete,
mit aller Kraft aufgebäumt und sich auf Grund der gemachten
Erfahrungen aufgegeben hat?
Geblieben sind Allmosenempfänger.
Keine Perspektive und kein Schutz. Die Kältetoten dieses Wochenendes
sind nur die Spitze des Eisberges.
Ich wünschte mir für die meisten
dieser Menschen, sie hätten die Möglichkeit, in einer sicheren
Umgebung, einem andern Umfeld Schritt für Schritt in kleinen Stufen
wieder zu einem Selbstvertrauen zu kommen. Bauernhof-WG, Alp-Sommer,
Kleinbetrieb.. Es kann und
soll der Staat sein, welcher dies anordnet, auch wenn sich Betroffene
im Moment sperren. Sie werden ihre Meinung relativ schnell ändern.
Wer glaubt, dies sei zu drastisch und verletze die Grundwerte, evt.
gar das Grundgesetz, sollte sich Folgendes fragen:
„Wie Menschen verachtend ist es denn,
wenn jetzt, wo Hunderte von Menschen in der Kälte ohne Obdach
elendiglich zu krepieren drohen, sich Freiwilligenorganisationen auf
den Weg machen, Suppen ausschenken und versuchen, die Leute zumindest
zum Aufenthalt in einem geheizten Raum zu bewegen, sofern noch Platz
da ist?“ Es ist NICHT der Staat, welcher dieses Netz institutionell bereit stellt,
es sind Vereine und Stiftungen sowie hunderte von Freiwilligen.
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