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Europa zerlegt sich selbst

Zurück von einem zweiwöchigen Urlaub zuerst ein Blick auf die aktuelle Situation im Krisen geschüttelten Europa. Was sich seit mindestens einem Jahr erahnen liess, trifft nun Schritt für Schritt ein: Die EU-Strategie zur Bewältigung der Finanzkrise in verschiedenen europäischen Ländern wird von der Bevölkerung der betroffenen Mitgliedsstaaten nicht  mitgetragen.  

Griechenland straft die beiden grossen Volksparteien ab und steht politisch vor einer mehr als ungewissen Zukunft. Wut- oder Protestwahl, aber keine Perspektive. Die von der EU benötigten Ansprechpartner auf dem Wege Griechenlands aus der Finanzkrise fallen weg. Das Volk macht nicht mehr mit und hat dies auf demokratischem Wege kundgetan. 

Mit der Abwahl Sarkozys muss die Achse Berlin- Paris neu definiert werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dabei die, von vielen anderen Staaten als penetrant wahr genommene,  Bevormundung der EU durch Frankreich und Deutschland zu Ende geht. Der neue Staatspräsident Hollande setzte zumindest während des Wahlkampfes in Sachen Bewältigung der Wirtschaftskrise Akzente, mit denen Frau Merkel kaum wird leben können. Es dürfte also vorbei sein mit den schnellen EU-Entscheiden, da inhaltlich breiter gesteckte Vorschläge, Anträge zu erwarten sind.

Spanien versucht derzeit fieberhaft, eine drohende Finanzkrise auf nationaler Ebene zu lösen, indem Geld zusammengekratzt und in die Not leidenden Institute gepumpt wird. Die Äusserungen aus Deutschland, wonach Spanien den Rettungsschirm nicht benötigen werde, sind wohl eher als Beruhigung der Märkte, denn als realistische Einschätzung zu sehen. Auch in diesem Falle dürfte es so sein, dass letztlich das Volk an der Urne sein Urteil zu diesen Vorgängen einlegen wird.

Italien spürt die Rezession, welche drastische Sparmassnahmen mit sich bringen, ebenfalls sehr deutlich. Rund 100 000 Manager haben in den letzten drei Jahren ihre Jobs verloren. Auch hier zeigt sich am Beispiel der Regionalwahlen, dass die klassischen Parteien an Einfluss verlieren. Sieger hier die Lega Nord. Deren Einstellung zur EU ist auch nicht unbedingt das, was sich die andern Partner wünschen würden.

Dann wäre da noch Portugal, wo es bereits wieder schwer fällt, frisches Geld aufzutreiben, respektive  höhere Zinsen bezahlt werden müssen. Das Vertrauen, welches der Rettungsschirm hätte schaffen sollen, wo ist es? Zumindest Norwegen scheint die Gesamtsituation sehr negativ zu beurteilen und hat eben sämtliche Staatsanleihen Portugals und Irlands abgestossen.

Dazu kommt weiterer Streit innerhalb der EU. Der zurück tretende Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker nennt das bisherige Verhalten Deutschlands und Frankreichs als einen Grund für seinen Rücktritt vom Amte (welches nun offenbar von Finanzminister Schäuble übernommen werden soll, zumindest war dies vor diesem Wahlwochenende so vorgesehen). Er kritisiert die Rolle Frankreichs und Deutschlands und nennt die Politik Deutschlands einen Teil des Problems.

Diesen Vorwurf lediglich als Frustäusserung abzutun ist zu einfach. Wie ich in einem früheren Beitrag bereits aufgezeigt habe, gibt es da tatsächlich ein Problem. 10 Tage in Deutschland und  verschiedene sehr interessante Gespräche haben bei mir die Frage aufkommen lassen, wieviele Prozent der Bevölkerung heute überhaupt noch sagen können, sie würden in einem Wohlstandsstaate leben, so krass sehe ich das heute. 

Der einzige Unterschied zu den andern EU-Staaten besteht darin, dass die Bevölkerung all die Massnahmen der letzten Jahre relativ gelassen über sich hat ergehen lassen, während in Italien, Spanien, Griechenland die Massen auf die Strassen strömten.

Derzeit ist das verbindende Element der EU die Währung. Wirtschaftspolitisch fahren die einzelnen Länder jedoch bereits den nationalen Kurs und politisch zeichnet sich jetzt dasselbe ab. 

Die EU muss also zur Kenntnis nehmen, dass die Gefahr besteht, durch die Menschen, welche damals eine EU wollten, wieder abgeschafft zu werden und zwar an der Urne. Darf man also in EU Staaten künftig nicht mehr über EU-Belange abstimmen? Wäre das eine Lösung des Problems? Falls ja, sind wir der Abschaffung der Nationalstaaten ein gutes Stück näher gekommen..., allerdings unter Missachtung des Volkswillens. EUkratur?


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