Etwas, was mich seit Jahren stört, ist
die Tatsache, dass auch Gerichte die Tendenz haben, die Beurteilung
der Persönlichkeit eines Täters nach einer schlimmen Tat
auszulagern und den Befund anschliessend in das Gerichtsurteil
einfliessen zu lassen.
Es sind also zwei Instanzen, welche
letztlich verantwortlich dafür sind, ob ein Mörder für diese Tat
durch die Justiz zur Verantwortung gezogen wird, oder aber, ob die
eigentlich vorgesehene Strafe nur zum Teil abgesessen und dann in
eine Therapie umgewandelt wird.
Was in der Theorie logisch klingt,
erscheint in der Praxis immer wieder problematisch. Einerseits gibt
es eine lange Reihe von Fehlbeurteilungen in der Persönlichkeit der
Täter, respektive bezüglich Therapiefortschritt. Dies führt dann
zu oft noch schlimmeren Wiederholungstaten, was natürlich in der
Öffentlichkeit für Entrüstung sorgt.
Derselbe Täter, zwei Gutachten,
zwei verschiedene Ergebnisse Und nun?
Eindrücklich lässt sich diese
Problematik derzeit am Falle Breivik verfolgen. Ein erstes Gutachten
kommt zum Schluss, der Mann sei nicht zurechnungsfähig. Angesichts
der präzisen Planung und Durchführung dieser schrecklichen Tat von
Oslo war klar, dass ein Aufschrei durch die Reihen der Betroffenen,
der gesamten Bevölkerung ging.
Das Gericht selbst hat ein weiteres
Gutachten eingefordert, in welchem die Fachleute zum Ergebnis kommen,
dass der Täter voll zurechnungsfähig sei. Es steht also 1:1.
Brauchen wir jetzt einen Entscheidungssatz, DAS alles entscheidende
Gutachten?
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es
dazu kommen wird und natürlich tauchen jetzt grundsätzliche Fragen
auf: Wenn Gutachten 1 richtig sein sollte, was ist mit Gutachten 2
oder umgekehrt? Ist die Messbreite bei Gutachten derart gross, dass
man zu solch unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann? Sind solche
Gutachten überhaupt wissenschaftlich fundiert und gibt es Werte
bezüglich deren Richtigkeit?
Falls ja: Was ist eigentlich mit den
tausenden von Gerichtsurteilen bei Kapitalverbrechen, denen nur ein
Gutachten zu Grunde liegt. Wäre ein anderer Gutachter zu einem
anders lautenden Ergebnis gekommen? Sitzt der Betroffene seine Strafe
also zu Recht in der Haft ab, oder kann er unrechtmässig von
Haftverkürzung und Therapievollzug profitieren?
Gibt es Auftragsgutachten?
Das ist ein ganz
heikler Punkt, der irgendwie tabuisiert wird. Die Verteidigung eines
Kapitalverbrechers gibt ein Gutachten in Auftrag, da sie der Meinung
ist, ihr Mandant weise eine Persönlichkeitsstörung auf. Mir sind
nur wenige Gutachten bekannt, in denen dies nicht bestätigt wird...
Die Staatsanwalt hält dagegen und verlangt ihrerseits ein Gutachten.
In den meisten Fällen wird auch diese Meinung bestätigt.
Anschliessend wird geurteilt... Dies geschieht auf der Basis eines
entlastenden und eines belastenden Gutachtens... Weshalb also der
ganze Zirkus? Kann man sagen: „Ich brauche ein positives oder
negatives Gutachten auf Bestellung?“ Beinahe scheint es so und dies
wirft ein schräges Licht auf die Gutachterzunft.
Der Fall Breivik
wird uns das alles anschaulich zeigen.
Irgendwie ist mir
übel....
Ich weiss nicht, warum Breivik überall verteufelt wird.
AntwortenLöschenImmerhin hat er die zweithöchste Stufe erreicht, die überhaupt ein Mensch (H. sapiens) erreichen kann: ein perfektes Raubtier mit perfekter “hypersozialer” bzw. “ultrasozialer” “Intelligenz” (Michael Tomasello, Leipziger Primatenforscher) und ein Technologie-Freak dazu.
Auch Hitler war der “zweithöchste” Mensch, den es gibt (ausgestattet mit einer perfekten sozialen Intelligenz, von Michael Tomasello “theory of mind” genannt).
Der höchste Mensch allerdings ist der selbstironische Hofnarr — der leider um 1700 n. Chr. ausgestorben ist (Otto Waalkes ist noch knapp auf diesem Level, zum guten Glück).
Im übrigen ist auch klar, warum Breivik geweint hat — wenn Du einem Mann das Spielzeug wegnimmst, dann weint er eben. Er weinte ja, als er seinen Film von sich mit Waffen sah…