Direkt zum Hauptbereich

Das Problem mit den Exportweltmeistern



Frau Merkel hat anlässlich der Eröffnungsansprache des IWF in Davos darauf hingewiesen, dass Deutschland in Sachen Rettungsschirm und weiteren Zahlungen zurückhaltend bleiben werde, da ansonsten die Nation in finanzielle Schieflage geraten könnte, überfordert werde.

Diese Aussage ist sicherlich richtig und sollte Anlass sein, das zu überdenken, was in den letzten zwanzig Jahren wirtschaftlich abgelaufen ist. Es geht dabei um das Ringen nach wirtschaftlichem Wachstum, globalem Einfluss, Sicherung von Arbeitsplätzen ohne zu fragen, welcher Art diese sein sollten.

Exportweltmeister besagt im Wesentlichen, dass überproportional viele Güter der Inlandproduktion im Ausland verkauft werden. Dafür erhält man Devisen in harter Währung, erzielt also einen Überschuss. Die Abnehmerländer
müssen die aus Deutschland eingeführten Waren also in Euro bezahlen und dieses ausgegebene Geld irgendwoher generieren. Möglich, dass die betroffenen Länder selbst in einem bestimmten Wirtschaftssektor gute Produkte verkaufen können, oder aber, dass sie auf Rohstoffen sitzen, welche weltweit gesucht sind und mit harter Währung bezahlt werden. So fliessen Gelder ins Land und verlassen es auch wieder., indem Importe bezahlt werden.

Ein Land, welches keine der oben genannten Vorbedingungen erfüllt, kann an dieser Wirtschaftsrally nicht teilnehmen, da der Zufluss fehlt. Es ist möglich, dass Weltbank oder Entwicklungshilfe zeitlich befristet Gelder einschiessen, um damit Voraussetzungen für ein künftiges nationales Einkommen zu schaffen.

Ist das Verhältnis zwischen nationalem Einkommen und Ausgaben gestört, so müssen weitere Importe über Kredite oder andere Garantien abgesichert sein. Dieses Zahlungsbilanzdefizit ist auf Dauer ein problematischer Zustand, auch wenn er durch grosszügige internationale Kreditgeber bis zu einem bestimmten Finanzierungsgrad vermeintlich behoben wird. Vielfach sind es die Regierungen der betroffenen Nationen selbst, welche diese Kredite rein holen und damit versuchen, ihre Wirtschaft auf Trab zu bringen.

Das alles trübt den Blick auf die Realitäten, denn eigentlich müssten wir Folgendes zur Kenntnis genommen haben: Im Verlaufe der letzten 40 Jahre haben wir diverseste Schlüsselindustrien verloren, importieren also viele Gebrauchs- aber auch Spezialgüter aus Fernost. Textilindustrie, Schuhe, Metallindustrie, Schiffsbau, und auch im Automobilsektor stehen wir unter Druck. Wir stehen heute vor der Tatsache, dass wir exportmässig im Hochpreissegment weiterhin aktiv sind, verkaufen an gleichmächtige Partner oder aber der Geldfluss läuft nach dem System Bananen gegen BMW, Rohöl gegen Mercedes, billige Arbeitskraft und fragwürdige Arbeitsbedingungen dort gegen Wertschöpfung und maximierte Gewinne im eigenen Land.

So werden die Einen stärker und die anderen schwächer. Betrifft dies Länder weit weg, kriegen wir eigentlich nichts davon mit. Sind eben Entwicklungsländer, Schwellenländer, sollen mal ein bisschen die Ärmel hochkrempeln. Es kommt aber noch ein Faktor dazu: Auch die gewichtigsten Exporteure haben es bisher mit Ausnahme von China nicht geschafft, ihre Staatsschulden abzubauen – im Gegenteil.

Wenn jedoch Länder wie Griechenland, Portugal, Spanien, Italien in diesen Teufelskreis geraten, dann trifft uns das alle, schliesslich handelt es sich um EU-Staaten und wir haben dieselbe Währung. Damit dieser irre Wirtschaftswachstumswettbewerb weiter gehen kann, spannen wir Rettungsschirm auf Rettungsschirm, pumpen weiter Geld auf die Märkte, statten Soffin 2 mit weiteren 480 Mia € aus, damit die nationalen Banken vor dem Kollaps bewahrt werden usw. usw. Das alles dreht dann irgendwann immer schneller... Grotesk, nicht wahr?

Kommentare

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Türkei Çıralı: Zerstörung eines Paradieses

Çıralı liegt in der Nähe von Kemer und ist bekannt für ein einzigartiges Tourismuskonzept, welches in den 90-er Jahren in Zusammenarbeit zwischen WWF und Bevölkerung entwickelt wurde. Mehr dazu hier . Dieses Konzept hat gegriffen und der kleine Ort erfreut sich grösster Beliebtheit vor allem auch bei deutschsprachigen Urlaubern, welche keinen Rummel möchten. Diese Einzigartigkeit hat dazu geführt, dass viele Urlauber seit Jahren immer wieder an diesen sehr speziellen Ort zurückkehren. Bilder Aus Çıralı erreichte mich heute folgende Meldung:

Türkei Çıralı: Abbruch hat begonnen

Gestern wurde in Çıralı , begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot, mit dem Abbruch einer ersten Pension begonnen. Heute sollen drei weitere Betriebe geschleift werden. Obwohl wieder zahlreiche Demonstranten erschienen, blieben deren Bemühungen, diesen Abbruch zu verhindern, erfolglos. Etwa 25 Personen wurden festgenommen. Die Zeitung Hürriyet hat Bilder und ein Video ins Netz gestellt. Der Landrat der Region hat den Abbruch damit begründet, diese Pensionen befänden sich auf Waldgebiet und seien illegal, weshalb sie abzubrechen seien. Das mag aus heutiger Sicht stimmen, wenn man nur die Momentaufnahme als Richtschnur hinzuzieht. Wie bereits in einem früheren Beitrag berichtet, sind die Sachlage und die Geschichte Çıralıs jedoch bedeutend komplexer. In einem der bisher besten Beiträge zu diesem Thema fragte der Journalist Yusuf Yavuz im Atlas Dergi : Hat das Modell Cirali im Tourismus ausgedient? Er listet da sachlich die Ereignisse seit 1990 auf und fragt nach der Zukunft d...

Von Flüchtlingslagern, Festungen und Mauern

Mauer zwischen der Türkei und Syrien Neben der Fußball-WM sind es dieses Jahr Horst Seehofer, Kanzlerin Merkel und einige Exponenten der AfD, welche für das große Sommertheater besorgt sind. Ein "Masterplan" soll die Grundlage liefern, dass Europa mehr oder weniger flüchtlingsfreie Zone wird, in erster Linie aber Deutschland von weiteren Asylsuchenden entlastet wird. Mit einer "Festung Europa", einem von Goebbels im zweiten Weltkrieg eingeführten Begriff, soll vermeintlicher Schutz Sicherheit vor Flüchtlingsströmen suggeriert werden. Auch hier ist eigentlich offensichtlich, dass die treibende Kraft innereuropäische Staaten sind, welche das Ziel verfolgen, Flüchtlinge dorthin abzuschieben, wo sie erstmals europäischen Boden betreten haben - also in die Staaten, welche die Aussengrenze Europas bilden. Schauen wir doch etwas genauer hin: