Wenn man in Europa von
Sehenswürdigkeiten der Türkei spricht, fallen spontan Begriffe wie
Istanbul, Ephesos in Izmir, Sinterterassen von Pamukkale,
die antiken Theater Aspendos und Side, Göreme/Kappadokien, die versunkene
Stadt in Kekova vielleicht noch das Sumela Kloster in Trabzon. Es
sind dies die Attraktionen, welche am häufigsten von den
Tour-Veranstaltern angefahren werden.
Wer sich aus eigenem
Antrieb auf Entdeckungsreisen macht, stellt schon am ersten Tage
fest, dass auf seiner gefahrenen Route Dutzende von gelb/braunen
Wegschildern auf historische Sehenswürdigkeiten verweisen. Wollte
man sie alle anschauen, so würde man wohl für die gefahrene
Tagesetappe locker eine Woche brauchen. So verstecken sich gerade
entlang der Südküste praktisch in jedem Ort etwas zurück in den
Bergen antike Siedlungen griechischen und römischen Ursprungs,
Festungen, Burgen aus der Kreuzritterzeit, Felsengräber usw. Sie zu
finden ist nicht immer einfach, vielfach hoffnungslos, da keine
Strasse,bestenfalls noch Ziegenpfade dorthin führen.
Als Europäer schmerzt es
uns, zu sehen, wie viele Zeugen der Vergangenheit langsam aber sicher
zerfallen, nicht selten auch geschleift werden, wobei das Material
durchaus wiederverwendet wird, um Gartenmauern oder einfache Ställe
und Häuser zu bauen. Andererseits müssen wir zur Kenntnis nehmen,
dass für die Menschen, welche hier leben, diese Ansammlung von
Zeugen der Antike eher hinderlich ist. Das Besondere entfällt, man
findet es überall.
Kein Land der Welt ist in
der Lage, diesen historischen Reichtum Flächen deckend zu
unterhalten, zu restaurieren oder zu konservieren. So erstrahlen
einige wenige Sehenswürdigkeiten in vollem Glanze, während man zu
anderen mindestens gleich bedeutenden Bauwerken so gut wie nichts
erfährt oder wenn, dann nur nach intensivster Recherche.
Unesco- Kulturerbe..
zum Marketing Label verkommen?
Gerade
am Beispiel Türkei muss das erfragt werden. Zur Zeit bemühen sich
eine Reihe Gemeinden und Städte darum, für ihre lokalen
Sehenswürdigkeiten den Status Weltkulturerbe zu erlangen. Je
potenter die Gemeinde und deren Lobby, desto grösser die Chance,
dass dem auch entsprochen wird.
Nicht
gefragt wird jedoch, ob beispielsweise neben dem Burghügel von
Alanya, der eh bis an die Festungsmauern mit Villen zugepflastert
worden ist und nach den Wünschen der Behörden auf die Unescoliste
sollte, nicht eine riesige Anzahl gleich bedeutender oder viel
bedeutsamerer und authentischerer Bauwerke diesen Status verdienen
würden. Angesichts der Dichte solcher Bauwerke in der Türkei
scheint man sich schon gar nicht an eine objektive Sichtung
heranzuwagen.
Türkei als regionales
Kulturerbe?
Mit
der Perspektive, dass in den kommenden 10 Jahren mit grösster
Wahrscheinlichkeit Dutzende von eher willkürlich ausgewählten
Sehenswürdigkeiten diese Liste zieren werden, ohne dass damit den
einzelnen Objekten geholfen ist, würde ich mir im Falle der Türkei
eine andere Lösung wünschen, welche höchstwahrscheinlich für alle
Beteiligten sinnvoller und befriedigender wäre.
Ausgangspunkt
wären Verhandlungen zwischen der UNESCO und dem türkischen Staate,
wonach von internationaler Seite ein Fonds in Höhe von mehreren
Milliarden € eingerichtet wird. Damit würden dringend notwendige
Sanierungs- und Konservierungsarbeiten an bestehenden antiken
Bauwerken in der Türkei durchgeführt. Die fachliche Leitung und der
Geldfluss wird einem gemischt nationalen und internationalen
Fachausschuss übertragen. Die Gelder werden von der UNESCO
verwaltet.
Auf
der Basis eines Inventars werden Prioritäten gesetzt, Zonen
festgelegt, welche nicht anderweitig Zweck entfremdet oder bebaut
werden können. Diese Festlegung der Zonen müsste von der Türkei
gesetzmässig verankert und eingehalten werden,wäre ein fester
Bestandteil des Vertrages und darauf müsste wohl pedantisch geachtet
werden.
Ausserdem würden sämtliche bürokratischen Prozeduren, damit
ausländische Fachkräfte, Universitäten und Studenten zusammen mit
türkischen Historikern derartige Restaurierungen vornehmen können,
auf ein absolutes Minimum reduziert,da die entsprechenden
Bewilligungen von der Unesco erteilt werden. So könnte mit der
Unsitte aufgeräumt werden, dass derartige Projekte bis heute in der
Form realisiert werden, dass eine ausländische Universität genügend
Mittel auftreiben muss, um sowohl Restauration als auch die zwingend
vorgeschriebene türkische Universitätsbeteiligung mit Professoren
und Studenten fürstlich mitzufinanzieren. Viele tolle Projekte sind
in der Vergangenheit genau wegen dieses Punktes gescheitert.
Diese
Lösung könnte für alle Beteiligten eine Win-Win–Situation
darstellen. Als Tourismusland würde die Türkei prestigemässig
unheimlich profitieren. Ausserdem würde der Druck wegfallen, „für
all das“ verantwortlich zu sein.
Die
Unesco wiederum bekäme Zugriff auf hunderte von wirklich bedeutsamen
Bauwerken, deren Instandhaltung und -setzung mittelfristig geplant
werden kann.
Universitäten
auf der ganzen Welt hätten es mit einem Ansprechpartner zu tun,
welcher international gut vernetzt und dank geeignetem Fachpersonal
hoffentlich auch kompetent zu entscheiden vermag. Damit reduziert
sich die Sicherung und Instandstellungszeit solcher Bauwerke auf
einen Bruchteil der Zeit, welche heute vielfach in Form von
Zweimonatseinsätzen über Jahrzehnte extrem kostenintensiv
abgestottert wird. Aufwand und Ertrag stimmen in diesem Falle nicht.
Dass
die Türkei eine Fundgrube an vergleichsweise gut erhaltenen antiken
Bauwerken ist, möchte ich hier mit einigen Beispielen aufzeigen. Die
Bilder stammen vom Holländer Dick Osseman, der die Türkei während
sechs Jahren vor allem nach historischen Gesichtspunkten bereist hat.
Entstanden ist ein gigantisches Photoalbum, zugleich eine Art
Inventar und das alles ist so umfangreich, dass man sich schon vom
Index erschlagen fühlt. Mein grösster Respekt vor dieser
Herkulesarbeit!
Wir
kennen! Wer kennt?
Ephesos Uzuncaburc; Laodicea
Felsengräber
Dalaman Ahlat
Burghügel Alanya Alahan Mut
und...Priene usw. usw.
Ja, es gäbe viel zu tun...
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