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Zypern: Die "Lösung" - Rezept Deutschland..zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie...

Wie schon bei andern Schuldenstaaten hat die EU einmal mehr das Auszählen eines Angeschlagenen bei 7 oder 8 stoppen können. Man gewöhnt sich langsam an diese "und jetzt ist Schluss"-, "jetzt bleibt nur noch die Pleite"-Szenarien. Ebenfalls lieb gewordene Gewohnheit sind die Nacht-Marathon-Sitzungen, in deren Verlauf dann im Morgengrauen "in letzter Sekunde" doch noch eine "Einigung" erzielt wird. Offenbar gilt weiterhin das Motto "Wer zuerst wegen Übermüdung umfällt, hat verloren" und bezüglich Stand- oder Sitzfestigkeit scheint das Duo Merkel-Schäuble ganz besondere Qualitäten zu besitzen.

Nun hat man sich also geeinigt, die Pleite ist abgewendet, Geldfluss aus der EU ist weiterhin gewährleistet. Nur: Wie sieht denn diese Einigung eigentlich im Detail aus,
wie wird das umgesetzt? Das weiß niemand so genau und soll bis Mitte April im Detail ausgehandelt werden. Sicherlich wird es auf dem Wege dahin weitere Stolpersteine, weitere "letzte Chancen" geben und weiterhin werden die Medien breit darüber berichten, letztlich dann aber doch den "Erfolg des europäischen Gedankens" und den "Durchsetzungswillen" vor allem der deutschen Politiker feiern.

Ich bitte meine deutschen Freunde, den folgenden Abschnitt nicht persönlich zu nehmen, vielmehr die Frage zu stellen, inwiefern das strukturelle Gerüst, an welchem die kommenden Gedanken aufgehängt sind, besteht, oder nicht. In früheren Beiträgen habe ich diesbezüglich die Rolle Deutschlands bereits mehrfach kritisch hinterfragt. Anlass war und ist die Tatsache, dass Deutschland auf Grund der innenpolitischen Entwicklung der letzten 10 Jahre sozial und gesellschaftlich innerhalb der EU, aber auch innerhalb Deutschlands auf eine recht extreme Zweiklassengesellschaft zusteuert. Diskussionen um Armutsbericht, oder die Tatsache, dass inzwischen Landesminister das Patronat für Bürger-Tafeln übernehmen seien nur zwei Hinweise. 

Zur  Thematik Zypern und im weiteren Sinne eben EU und EU-Deutschland  möchte ich einen hervorragenden Beitrag aus Telepolis verlinken. Etwas vom Umfassendsten und Präzisesten, was ich bisher zu diesem Thema gelesen habe. Das Argument, das sei einseitige Stimmungsmache, welches sich auch Augstein für einen inhaltlich ähnlich gelagerten Beitrag gefallen lassen muss, verfängt nicht mehr, wenn man objektiv die derzeitige innenpolitische Entwicklung in Deutschland betrachtet. 

Es wird wieder mehr und konsequenter gestreikt. Die Argumente, weshalb weiterhin mit Reallohnverlust zu rechnen sei, werden immer dreister. Die Umlagerungssteuer im Energiebereich auf dem Buckel der Privatkonsumenten unter Schonung der Industrie ist nur ein Beispiel. Es zeigt, dass diese vermeintliche Konkurrenzfähigkeit, welche den Konzernen Milliardengewinne in die Kassen, nicht aber in den Staatshaushalt spült, letztlich auf dem Buckel der Unter- und Mittelschicht verwirklicht wird, dies unter Inkaufnahme einer generellen Unterversorgung im Alter, also Zukunftshypotheken. Vor allem aber brachte und bringt diese Politik die Nachbarstaaten in Zugzwang oder eben in die Krise. Dies ist der Kontext, in welchem diese Kritik angesiedelt werden sollte.

Schon gemerkt, dass nach demselben Muster auch in Deutschland "gespart" wird? Es müsste genau analysiert werden, nach welchen Wertesystemen sich in den kommenden Jahren alte und neue Bundesländer wieder auseinander entwickeln, weil es nicht gelungen ist (oder gar nicht gewünscht war?), nachhaltig Industrie-Arbeitsplätze im ehemaligen Ostdeutschland  zu schaffen. So sorgen rund 2 Mio ehemalige "Ossis" mit ihren Familien für die notwendige Blutauffrischung in der Altersstatistik und Demografie der alten Bundesländer, beleben den Arbeitsmarkt.  In den neuen Bundesländern ist man zur gleichen Zeit daran, mit Verweis auf die anzunehmende Bevölkerungsentwicklung bis 2050 (was wissenschaftlich spekulativ ist)  mit Milliarden gebaute Infrastrukturen und vor allem die Sozialinfrastruktur  abzuwickeln... Das klingt dann folgendermaßen. 

Ich zähle meinen Wohnort und unsere Einwohner also zu denen, für welche der Staat "die Garantieleistungen verringert, dafür aber die Freiheitsgrade der Bewohner erhöht". Klingt doch viel versprechend - nichts sagend! Außer: Wir sorgen nicht mehr für euch. Willkommen im Dschungel-Camp!

Großhungern, der Begriff umschreibt das, was derzeit abläuft. Ausgeklammert wird die Problematik, Wieviele Nationen oder Gesellschaftsgruppen auf diesem Wege verhungern. Der bisherigen Entwicklung nach zu schließen, wird die Opferliste immer länger. In der EU, aber auch in Deutschland. Das Rezept ist dasselbe. Zypern ist überall.

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