Direkt zum Hauptbereich

Eröffnung der Bosporus-Brücke: Erdogans großer Tag.

Heute wird die 3. Bosporus-Brücke, die Yavuz Sultan Selim Köprüsü durch Staatspräsident Erdogan eröffnet. Mit dabei sein werden Regierungsvertreter aus Bosnien Herzegovina, Mazedonien, Bulgarien, Pakistan, Serbien, Georgien. Besonderen Wert legt die Presse auf die Teilnahme des selbsternannten Königs aus Bahrein, Hamed bin Isa Al Halife. So wie der Name der Brücke einen Bezug zum Osmanischen Reich hat, so liest sich also auch die Teilnehmerliste. Welche westlichen Staaten teilnehmen und durch wen vertreten werden, ist abzuwarten.

Das Bauwerk: Eine Meisterleistung

Es handelt sich um ein beeindruckendes Projekt, Bauzeit rund 36 Monate, termingerecht fertiggestellt, geplant und errichtet von einem türkisch-europäischen Konsortium. Ein so genanntes PPP-Projekt, welches dem Errichter während einer bestimmten Laufzeit sämtliche Einnahmen, aber auch eine bestimmte Tagesfrequenz durch  den Staat garantiert. Die Brücke hat je 4 Fahrbahnen und in der Fahrbahnmitte zwei Eisenbahngeleise, ausgelegt auch für Hochgeschwindigkeitszüge. Ingenieurkunst vom Besten also und wenn man mit der Bauzeit verschiedenster Großprojekte in Europa vergleicht...... Dazu eine eindrückliche Fotogalerie.

Die ideale Kulisse für Erdogan

Staatspräsident Erdogan wird diese Eröffnungskulisse optimal zu nutzen wissen. Dazu ein Hinweis, was das Datum betrifft: Zum zweiten Male wird auf jegliche Feierlichkeiten zum Zafer Bayram am 30. August verzichtet. Dies ist das Fest zur Erinnerung an den Sieg Atatürks im Befreiungskrieg gegen die Besatzer nach dem ersten Weltkrieg..  

Innenpolitisch wie außenpolitisch wird Erdogan zu einem seiner bekannten Exkurse ansetzen:

Innenpolitisch:

  • Ein weiterer Meilenstein türkischer Innovation. Der Welt längste Straßen-/Eisenbahnbrücke.
  • Der technische Fortschritt in der Türkei führt bis 2023 (100 Jahr-Jubiläum der Gründung der türkischen Republik) in die Rangliste der 10 größten Wirtschaftsmächte.
  • Die Türkei wird  dank Erdogan eine Nation, um welche der Westen nicht mehr herumkommt.
  • Friedensstifter Erdogan: Russland, Israel, Syrien, dies die neu aktivierten "Freundschaften" der letzten 4 Wochen, alle jedoch schon wieder extrem belastet..
  • Die Türkei muss ihre Interessen im Alleingang vertreten, siehe Kampf gegen die Terroristen in Syrien, wo sich die Landkarte "innerhalb von 36 Stunden" verändert hat. IS und YPG sind gleichermaßen zu bekämpfen, da Terrororganisationen. Beileid an alle Opfer und Märtyrer, welche auch derzeit  täglich dem Terror zum Opfer fallen. (Ja, der Terror umfasst immer mehr Gebiete in der Türkei, darüber wird er aber kaum sprechen.)
  • Der Putschversuch vom 15. Juli war nur dank Mithilfe "ausländischer Mächte" möglich. 
  • "Das Volk" hat die Türkei in der Putschnacht vor FETÖ geschützt, die Säuberungen gehen weiter. (Ankündigung bevorstehender Reise in die USA "zwecks Auslieferung Gülens?") 
  • Zum anstehenden Opferfest sind die Bosporusbrücken gebührenfrei zu passieren.


Außenpolitisch:
  • Die Türkei ist ein Schlüsselland zwischen Ost und West, spielt eine zentrale Rolle in der Weltpolitik und muss mit ihren Ansprüchen ernst genommen werden muss. 
  • Europa ist auf die Türkei angewiesen. Türkei ist seit über 50 Jahren auf der EU-Warteliste = herablassende Haltung der EU.  (Kommen die Seitenhiebe nach Österreich und Schweden?)
  • Die Türkei ist weiterhin Mitglied der Nato - aber nicht zu jedem Preis.
  • Der Einmarsch nach Syrien zeigt die Effizienz der türkischen Armee. (Hier müsste man anfügen: Die Effizienz eines militärisch koordinierten Bodeneinsatzes gegen den IS, der schon längst überfällig ist und vor dem sich Nato, aber auch Russland drücken. )
  • Die Türkei bekämpft den IS. (Seit gestern abend werden massiv Stellungen der YPG - also der Kurden, welche den IS seit Jahren bekämpfen angegriffen.)
  • Der Einmarsch in Syrien dient dem Schutze der eigenen Bevölkerung.(Anzufügen: Er dient vor allem einer Säuberung der Grenzgebiete, der Errichtung eines Schutzpuffers, um die befürchtete kurdische Nordallianz in Syrien zu verhindern, das zeichnet sich schon jetzt ab)
  • Die Auslieferung der "FETÖ-Terroristen" aus dem westlichen Ausland ist eine Grundbedingung für eine Normalisierung der Verhältnisse zwischen der Türkei und den Weststaaten.
  • Visafreiheit für Türken ist eine Forderung, an welcher die Türkei festhält. (Vielleicht setzt er eine Frist bis Ende Oktober.) Nichteinlösung bedeutet Ende des Flüchtlingsvertrages.
So in etwa könnte der weltpolitische Exkurs aussehen, der in diese Eröffnung hineingepackt wird. Eine Bühne, welche Erdogan liebt und ihm vollste Präsenz im In- und Ausland garantiert.

Die Mittel dazu: Die offizielle Eröffnungszeremonie, die Pressebegehung, das Gespräch mit ausgesuchten Journalisten und eine weitere Interviewserie mit internationalen TV-Stationen. 

Lassen wir uns überraschen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Türkei Çıralı: Zerstörung eines Paradieses

Çıralı liegt in der Nähe von Kemer und ist bekannt für ein einzigartiges Tourismuskonzept, welches in den 90-er Jahren in Zusammenarbeit zwischen WWF und Bevölkerung entwickelt wurde. Mehr dazu hier . Dieses Konzept hat gegriffen und der kleine Ort erfreut sich grösster Beliebtheit vor allem auch bei deutschsprachigen Urlaubern, welche keinen Rummel möchten. Diese Einzigartigkeit hat dazu geführt, dass viele Urlauber seit Jahren immer wieder an diesen sehr speziellen Ort zurückkehren. Bilder Aus Çıralı erreichte mich heute folgende Meldung:

Türkei Çıralı: Abbruch hat begonnen

Gestern wurde in Çıralı , begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot, mit dem Abbruch einer ersten Pension begonnen. Heute sollen drei weitere Betriebe geschleift werden. Obwohl wieder zahlreiche Demonstranten erschienen, blieben deren Bemühungen, diesen Abbruch zu verhindern, erfolglos. Etwa 25 Personen wurden festgenommen. Die Zeitung Hürriyet hat Bilder und ein Video ins Netz gestellt. Der Landrat der Region hat den Abbruch damit begründet, diese Pensionen befänden sich auf Waldgebiet und seien illegal, weshalb sie abzubrechen seien. Das mag aus heutiger Sicht stimmen, wenn man nur die Momentaufnahme als Richtschnur hinzuzieht. Wie bereits in einem früheren Beitrag berichtet, sind die Sachlage und die Geschichte Çıralıs jedoch bedeutend komplexer. In einem der bisher besten Beiträge zu diesem Thema fragte der Journalist Yusuf Yavuz im Atlas Dergi : Hat das Modell Cirali im Tourismus ausgedient? Er listet da sachlich die Ereignisse seit 1990 auf und fragt nach der Zukunft d...

Von Flüchtlingslagern, Festungen und Mauern

Mauer zwischen der Türkei und Syrien Neben der Fußball-WM sind es dieses Jahr Horst Seehofer, Kanzlerin Merkel und einige Exponenten der AfD, welche für das große Sommertheater besorgt sind. Ein "Masterplan" soll die Grundlage liefern, dass Europa mehr oder weniger flüchtlingsfreie Zone wird, in erster Linie aber Deutschland von weiteren Asylsuchenden entlastet wird. Mit einer "Festung Europa", einem von Goebbels im zweiten Weltkrieg eingeführten Begriff, soll vermeintlicher Schutz Sicherheit vor Flüchtlingsströmen suggeriert werden. Auch hier ist eigentlich offensichtlich, dass die treibende Kraft innereuropäische Staaten sind, welche das Ziel verfolgen, Flüchtlinge dorthin abzuschieben, wo sie erstmals europäischen Boden betreten haben - also in die Staaten, welche die Aussengrenze Europas bilden. Schauen wir doch etwas genauer hin: