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Deutschland: Zwiespältig


Bild von armennano auf Pixabay
Wer die letzten Wochen mehr oder weniger beobachtend die sozialen Medien genutzt hat, stellt fest, dass der Trend, die Dinge nur noch Schwarz Weiß dazustellen, zunimmt. Der Wandel dabei: Schwarz oder Weiß sind inzwischen Positionen geworden, welche gelebt werden. ICH bin schwarz oder weiß  und muss das täglich beweisen. Oder: Ich stehe im Krieg und muss den Gegner herausfordern. Täglich. Mit denselben Posts.  


Beispiel Corona 

Der kleinste gemeinsame Nenner lautet: "Ich bin dagegen" und "danke Merkel".  Darauf reduziert  wird Krach gemacht, werden derbe Sprüche losgelassen,  entwickelt sich ein Volkssport im Wettbewerb um den giftigsten Beitrag oder Tweet.  Es reichen Facebook und Twitter.  Inzwischen ist es offenbar zu mühsam, differenziert darzustellen, wo die Bundesregierung oder einzelne Ministerien  versagen und was in die politische Verantwortung der Länder geht. Nein: Jede Bürgerin, jeder Bürger ist Virologe, Facharzt , Politiker (oder hat zumindest alle diese Leute im engsten Bekanntenkreis und deswegen berechtigt, jeden Unsinn ins Netz zu setzen), weiß deswegen besser Bescheid als alle eigentlich Zuständigen, obwohl sich deren Prognosen regelmäßig bestätigen.  Oppositionspolitiker nicht ausgenommen. 

Dass die AfD alternativlos gegen alles ist, kennen wir inzwischen zur Genüge. Sie bedient dieses Schwarz-Weiß bis weit in die Querdenker-Szene hinein, wonach nicht sein darf, was ist.  Dass aber eine FDP mit Lindner an der Spitze seit Wochen zu jedem Corona-Thema völlig plump genau dieselbe Stimmung schürt, muss man hervorheben. Man kriegt den Eindruck, irgendwelche Häscher in CL's Diensten seien auf Journalistenfang und schleppten diese heran. Die ewige Leier vom Versagen der Bundesregierung, endlich müsse durchgeimpft werden, gefährdete Gruppen geschützt werden, gleichzeitig aber Kontaktsperren geißeln, das alles ist nur noch populistisch. Das klingt wie: Wir wollen, dass ab nächster Woche die Lehrerversorgung an Deutschlands Schulen 105% beträgt. Was nicht da ist, ist nicht da und so lange müssen wir unten durch, auch Lindner. 

Eine weitere Frage, die sich stellt: Wie viele Leute, welche aktiv oder geradezu fanatisch bestimmte Medien mit ihren durchwegs negativen bis Persönlichkeiten bashenden Kommentaren belegen, sind tatsächlich der Überzeugung, sie würden hier etwas Wesentliches posten?  Mal genau hinschauen: Immer mehr findet man Poster, welche einen Happen in Form eines Posts hinwerfen "..wegen der Risikogruppe 80 ein solches Theater, gehts noch?" , worauf ein Schwall von 180 belehrenden, moralisierenden Antworten  folgt, wieder angeheizt von einem anderen Poster mit "wird man ja wohl noch sagen dürfen", worauf die Aluhut-Diskussion beginnt.  Betrachtet man den ganzen Diskussionsstrang abschließend, hat der Eingangsposter sein Ziel erreicht. Mindestens 2 Stunden lang haben sich da Leute abgearbeitet.....  Wofür? Reine Provokation.

Der Föderalismus - zu kompliziert?

Sicher ist etwas: Effizienz und Verlässlichkeit müsste in vielen Bundesländern anders gehen. Begonnen mit der in weiten Teilen nicht vorhandenen Pandemievorsorge 2020, den daraus entstandenen organisatorischen und materiellen Lücken bis hin zur heute noch nicht funktionierenden Meldepraxis der Gesundheitsämter mit ihrem steinzeitlichen Exel-Tabellen und dem beharrlichen "Samstag-Sonntag sind die Meldungen lückenhaft".  Es zeigt sich, dass die Kompatibiltät Länder Bund in einer solchen Situation nur beschränkt vorhanden ist. Wohl wird immer auf dem Föderalismus beharrt, gerade auch in dieser Pandemie-Situation.  Besteht jedoch Handlungsbedarf, ist der Ruf nach dem Bund unüberhörbar. Diese Problematik ist gravierend. Da besteht Handlungs- und Abstimmungsbedarf. 

Das gefährliche Spiel der Ministerpräsidenten und Oppositionspolitiker

Dazu kommen die Befindlichkeiten der verschiedenen Bundesländer. Aktuell stehen neben den Bundestagswahlen noch weitere Wahlen in 5 Bundesländern an.  Hier sind es die Landespolitiker, welche natürlich um ihre Mehrheiten bangen und kämpfen. Das kann auch bedeuten, dass die verschiedenen Vereinbarungen, welche man in der Ministerpräsidentenkonferenz getroffen hat, zwei Tage später aus völlig anderen Überlegungen heraus bereits wieder gelöchert werden.   Wenn dann aber die Zahlen in den Ländern durch die Decke gehen, ist sich mancher Ministerpräsident nicht zu schade, die Maßnahmen der Bundesregierung als Sündenbock heranzuziehen, um damit vom eigenen Versagen abzulenken.

Im Weiteren ist es schlicht und ergreifend unerträglich, wenn beispielsweise die Landesregierung Sachsen-Anhalts vor und nach jeder Ministerpräsidentenkonferenz insgesamt drei Pressekonferenzen schaltet, um dann eine Stunde lang Nichtigkeiten zu verbreiten, unter Vorbehalt unzähligen "vielleicht" oder "je nach Inzidenz" eingeführt werden "könnten", obwohl schon längst klar ist, dass dies nicht der Fall sein wird.  Hier drängt sich ganz einfach der Verdacht auf, die Protagonisten missbrauchen diese Krise, um Persönlichkeitsprofilierung für die kommende Landtagswahl zu machen. Der Schuss könnte auch nach hinten los gehen, man mag es nicht mehr hören.

Diese Komplexität lässt sich schlecht in einem 280-Zeichen Tweet darstellen - oder doch? Eigentlich schon, Voraussetzung, man ist bereit, diese Differenzierung zu machen. 

Unbeteiligte müssen eigentlich auf Grund der gegenwärtigen Kritik davon ausgehen, Deutschland werde zentralistischer als Frankreich regiert. Das stimmt jedoch nicht und die Förderung dieses Cliches - auch durch verschiedene  Ministerpräsidenten -  ist brandgefährlich. 

Kontrast: Deutschland in der Glücklichkeitsskala auf Platz 7

Dies das Resultat der neuesten Untersuchung (für Tabelle nach unten scrollen) , in welcher sogar die ganze Corona-Geschichte speziell berücksichtigt wurde. Demnach hat sich Deutschland innerhalb Jahresfrist von Rang 15 auf Rang 7 vorgeglückt. Ob dies nun auf ein empfindlich verschlechtertes Glücksgefühl der Länder auf Rang 7 bis 16 zurückzuführen ist, oder ob ein großer Teil der Befragten im Laufe des vergangenen Jahres sich angesichts der Entwicklungen in anderen Länder in Deutschland glücklicher fühlte, bleibt offen.  Tatsache aber ist: Gemessen an den oben beschriebenen Entwicklungen  ist die Rangierung eine Überraschung. 
Umgedreht: Diese Fundamentalkritik an der Bundesregierung will in ihrer Intensität  so gar nicht zum Glücksgefühl passen.  Oder kann man sich dabei gleichzeitig glücklich fühlen? Alles übertönender Lärm einer Minderheit? 

Zwiespältig eben...


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