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Heute ein Tourist - morgen 1000 Touristen (2)

 Wir verlassen nun die Türkei und Anamur und wenden uns dem Harz, im Speziellen dem Ostharz zu. Bereits bei letzterem Begriff wird es schwierig, weil es dazu äußerst unterschiedliche  Interpretationen  gibt. Während das nordöstlich am Harzrand gelegene Aschersleben (Salzlandkreis) gerne den Titel "Das Tor zum Harz" nutzt, liegt das 6 Kilometer entfernte Arnstein in Mansfeld-Südharz. Um Verwechslungen mit der seit Langem bestehenden Stadt Arnstein in Bayern zu verhindern, wählte man 2010 den Begriff Arnstein-Harz. 

Zum Begriff Ostharz findet man auf Webseiten Sätze wie: Brocken, Bodetal, Wernigerode, Quedlinburg und Rübeländer Tropfsteinhöhle. Sie suchen ein Programm wo Sie in 5 Tagen den Ostharz entdecken können...   Quelle  ..

Die Könige

Ich provoziere etwas: Wernigerode, Quedlinburg, Thale, Ballenstedt, Aschersleben, Hettstedt, Lutherstadt Mansfeld, Sangerhausen, Nordhausen, Bad Sachsa, Bad Lauterberg, Herzberg, Goslar. Alle Orte gelabelt oder assoziert auf Harz, obwohl sie eigentlich völlig am Rande des Harzes in der Ebene liegen. Müsstes ehrlicherweise nicht lauten "am Harz"?  Osterode am Harz, Bad Lauterberg im Harz, Herzberg am Harz. Ein Zufall, dass diese Orte alle in Thürungen liegen und tatsächlich "am" oder "im" verwenden? 

Der Harz selbst ist im weiteren Sinne ziemlich entkernt oder, touristisch betrachtet ,in die Jahre gekommen. Viele (Marketing)-Könige beanspruchen für sich so viel Harz, dass das Goldstücke scheißende Eselchen langsam aber sicher Verdauungsbeschwerden kriegt, weil nur wenige wirklich darum besorgt sind, dass auch genügend Futter herangeschafft wird, das hingestellte Wasser verunreinigt, das Heu vergammelt ist. Wie viele Millionen Euro werden alleine in diesen Städten in Marketing mit dem Anhängsel Harz verbuttert? 

 Weshalb läuft das alles nicht über eine gemeinsame Plattform? 

Natürlich gibt es das, letztendlich finanzieren ja drei Bundesländer einen Tourismusverband in Goslar. Auf dessen Info-Seite präsentiert sich der Harz auf den ersten Blick wie folgt.  Quelle  Seit 8 Jahren ein Ärgernis und bei allen zuständigen Stellen bemängelt!


Dreimal wurde inzwischen diese Web-Seite erneuert. In der Darstellung der touristischen Orte  gibt es  seit Jahren nichts Neues: Der östliche und südöstliche Teil des Harzes bleibt für auswärtige Touristen ein weißer Fleck! Also besser nicht hingehen, da kann nicht viel sein.... 

Ausgewaschene regionale Zuordnungen und "Alleinstellungsmerkmale"

Wie extrem dieses Haschen nach einem Zipfel Harz ist, sei stichwortartig erwähnt:
  • Eigentlich zwei Bundesländer teilen sich den Harz auf und Thüringen hat auch noch ein Zipfelchen gekriegt.
  • Der größte Teil liegt in Sachsen-Anhalt. Dieses Bundesland hat "den Harz" auf drei verschiedene Landkreise aufgeteilt. Ein Zipfelchen für den Salzlandkreis, dann der Landkreis Harz mit Verwaltungssitz in Halberstadt (weit weit weg vom Harz....) ..und dem Landkreis Mansfeld-Südharz mit Verwaltungssitz in der Rosenstadt Sangerhausen.
  • Wer erinnert sich noch an den Harakiri-Lauf eines nur kurz tätigen Geschäftsführers der Standortmarketinggesellschaft SMG?  Im Vordergrund steht zunächst eine Marke, die man im touristischen Markt etablieren kann. Und Mansfeld-Südharz als Marke funktioniert nicht. Mansfeld" kennt man außerhalb leider nicht so und kann es geographisch schwer verorten. Man sollte sich daher touristisch auf den Namen Südharz konzentrieren. "  Quelle  Ja, es ist natürlich einfacher, aufs Trittbrett einer bereits in Thüringen aufgebauten und gelabelten Marke Südharz aufzuspringen. Man blendet aus, dass Mansfeld-Südharz eigentlich noch viel mehr als "Südharz" ist.
Dazu sollte man sich die folgende Einteilung und Begriffszuordnung aus Wikipedia ansehen  (unter "Naturräumliche Feingliederung).  Der Begriff Ostharz für die Region östlich Harzgerode ist also voll gerechtfertigt und beginnt nicht beim Brocken oder in Elbingerode....


..und jetzt die Karte unseres Landkreises. 



DAS alles reduzieren auf Südharz oder Harz? Ein Harz-Labeling für eine Region, in welcher total weniger als 15 000 Menschen leben und welche touristisch ganz klar neu entwickelt werden muss (was den Landkreis Mansfeld Südharz mit Ausnahme Schindelbruch/Stolberg betrifft)? In einem Landkreis mit 133 000 Menschen und eigentlich vielen weiteren Attraktionen?  Vieles wurde in den vergangenen Jahren zurückgestellt oder steht im Schatten einer "Harzgläubigkeit", welche für unsere Region, den Ostharz, ziemlich scharf zur Realität kontrastiert. ..und wo der Harz nicht mehr ausreicht, müssen dann eben Luther und Müntzer herhalten... 
Das ist keine Abwertung des Ostharzes, sondern die nüchterne Einschätzung nach 10 Jahren Stillstand und verpassten Chancen in der Entwicklung touristischer Regionen und ist ein Problem dieses Landkreises. Denn, und nun  kommen wir zum eigentlichen Anlass dieser Beitragsreihe:

Das jahrelange Herumtappen des Landkreises auf der Suche nach "dem Tourismus"

Dieser Landkreis nimmt für sich seit 2014 in Anspruch, über die Standortmarketinggesellschaft (SMG) unsere Region touristisch zu vermarkten. Zwar gab es immer wieder ein Gerangel bezüglich Zuständigkeit und eigentlicher Aufgabe, denn das ursprüngliche Ziel laut Gesellschaftervertrag bestand ja in der Vermarktung von Industrieflächen, der Ansiedlung von neuen Betrieben und Arbeitsplätzen. 

Hier erlebte man dieselbe Problematik wie im Tourismus: Irre Erwartungen an Investoren, welche offenbar Schlange stehen. Geblieben sind riesige Brachflächen, welche  seit Jahren ungenutzt der Dinge harren, weil die Investoren da trotz kräftiger Wirtschaftsförderung durch das Land NICHT kommen und falls doch leider nur zu oft auch wieder ganz schnell von der Bildfläche verschwinden. Keine Erfolgsgeschichte.

Nun ist es so, dass die SMG nicht mehr von so genannten Gesellschaftern getragen wird, sondern direkt über die Kreisumlage alimentiert werden soll.  Also wieder eine neue Hülle, eine neue Verpackung. Und: Im Rahmen des Strukturwandelfonds ist aufgefallen, dass diverse Stellen zu diesem Thema ausgeschrieben oder bereits neu besetzt sind.

Es lohnt sich also, einige grundlegende Strategien einander gegenüber zu stellen und abzuwägen.  Dies steht im Zentrum des nächsten Beitrages. 


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