Direkt zum Hauptbereich

Deutschland: Wende hopp und hopp und hopp...

Das Jahr 2011 ist zwar noch nicht zu Ende, trotzdem kann man bereits jetzt festhalten, dass die diversen Themen- und Konzeptwenden der Bundeskanzlerin in diesem Jahresarchiv unübersehbar präsent sein werden. Sie fanden derart abrupt statt, dass selbst Parteifreunde Gefahr liefen, nachhaltig und alternativlos für den Rest der Legislaturperiode mit Schleudertrauma und Bandscheibenschaden die Abgeordnetenbank zu drücken. 

Bezeichnend bei diesen Entscheiden war, dass sie ohne grosse Diskussion in der Basis von oben nach unten verordnet wurden und das Parteivolk hatte sich damit abzufinden. Von aussen besehen, eine One-Woman-Show, stark beeinflusst von schlechten Umfragewerten, aber auch aktuellen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Sachzwängen. 

Wenn man nun mal von den reinen Schlagzeilen absieht und das, was in der Folge passiert ist, betrachtet, dann bleibt eigentlich wenig Substantielles übrig. Man könnte sogar davon ausgehen, dass in spätestens 12 Monaten, kurz vor der Bundestagswahl, neue Pirouetten aufs Parkett gelegt werden.

Atomausstieg:
Mit dem überraschenden "raus aus der Atomenergie" wurde dem Zeitgeist Rechnung getragen und spekulativ mit Blick auf den Bundesland-Wahlkalender 2011gehandelt. Grüne und Linke wurden vermeintlich ihrer Stamm-Themen beraubt, von der Superfrau-Kanzlerin überholt. Nur: So richtig abgenommen hat ihr das eigentlich niemand. Abzulesen war dies an den Resultaten der verschiedenen Landtags-Wahlen.

Könnte es nicht genau so gut sein, dass man dieses Thema vom Tisch haben wollte um Zeit zu gewinnen? Zeit, sich hinter den Kulissen mit der Atomindustrie auf ein neues Konzept und Übergangszeiten zu einigen. Dieses kann abgerufen werden, sobald ausreichend Studien belegen, dass energiemässig für noch mindestens 15 Jahre in erhöhtem Masse Atomstrom nötig sein werde, wolle man den Arbeitsplatzstandort Deutschland nicht gefährden. Solche Studien fänden bestimmt mehr als genug zahlungskräftige Interessengruppen.....
 Um dies beim Volk unmissverständlich anzubringen, reichen einige hundert Entlassungen unter dieser Prämisse und vor dieser Kulisse ist eine erneute Kehrtwendung der Kanzlerin nicht auszuschliessen.Wieder "alternativlos" und wieder auf Stimmenfang. Die Zeiten ändern sich bekanntlich sehr schnell.
Auszuschließen ist diesbezüglich meiner Meinung nach gar nichts.

EU-Wirtschaft, Griechenland
Es erübrigt sich, hier aufzuzählen, wieviele "bis hierhin und nicht weiter" dem Bundestag als Regierungskonzept vorgetragen wurden. All diesen Versprechungen ist etwas gemeinsam: Tage später waren sie das Papier nicht mehr wert, auf welchem diese Statements der Bundestagspresse ausgehängt wurden.
Hier ist die Politik Getriebene und Erpresste von Teilen der Wirtschaft, insbesondere der Finanzwelt. Nach dem Motto "zu gross, um zu sterben" haben sich hier Mechanismen entwickelt, welche eigentlich seit über 15 Jahren kritisiert werden, denen aber politisch kein Rahmen gesetzt wurde, geschweige denn dieser Handlungsspielraum eingeschränkt worden wäre. 
So erleben wir derzeit die "historische Situation", dass einem Staat 60% seiner Auslandschulden erlassen werden, um ihn vor dem (vermeintlichen) Bankrott zu bewahren und gleichzeitig erneut über 100 Mia € in Banken gepumpt werden, welche ansonsten wegen dieser Schuldenschnitte in Schwierigkeiten kommen könnten. "Zu gross um zu sterben" ist also inzwischen ein Standard geworden und er funktioniert bestens.

Dass viele der Probleme mehrerer EU-Staaten aus meiner Sicht durch den so hoch gejubelten Wirtschaftsstandort Deutschland entstehen, werde ich in einem nächsten Beitrag aufzuzeigen versuchen.

Mindestlohn
Welcher Teufel hat denn hier die Kanzlerin geritten? Will sie da ihre eigene Stamm-Klientel  loswerden und sich neu als Frau für das Volk produzieren? Auch hier:  Eine tolle Schlagzeile, was aber darunter zu verstehen sein könnte, eröffnet sehr viel Interpretationsspielraum. Wieder dürfte mehr politisches Kalkül, als tatsächlicher Reformwillen hinter diesem Vorstoss stecken. Das Ziel: Medial linke und grüne Themen besetzen. Von Umsetzung ist nicht die Rede.

Konkret: "...wonach sich in tariffreien Zonen künftig Lohnuntergrenzen am Mindestlohn der Zeitarbeit orientieren sollen. In der Branche gilt mindestens 6,89 Euro im Osten und 7,79 Euro im Westen pro Stunde als Untergrenze. " Quelle  Mindestlohn West ergäbe so etwa 1400 €. Den Rest, um eine Familie durchzubringen, organisiert man sich dann mit diversen Minijobs? 

Könnte es auch sein, dass mit diesem Mindestlohn-Trojaner weiter an den Gewerkschaftsverträgen geknabbert wird, wo teilweise Mindestlöhne von bis zu 11.50 € festgeschrieben sind? Gäben da die Mindestlöhne nicht eine herrliche Vorlage ab, diese Verträge gewinnträchtig zu unterlaufen?

Sind diese 1400 € die Umsetzung des FDP-Slogans "Arbeit muss sich wieder lohnen?" Noch was: Ende September 2010 gab es in Deutschland 7,2 Mio Menschen in 400 € Jobs.Quelle

Ein Widerspruch: Derselbe Staat definiert ein steuerrechtliches Existenzminimum von 15 328 € für Ehepaare und 3648 € pro Kind. (Berechnungsgrundlage 2008, Quelle) Eine vierköpfige Familie hat demzufolge Anspruch auf ein steuerrechtliches Existenzminimum von 22 624 €.

Ich wiederhole mich:
Dass viele der Probleme mehrerer EU-Staaten aus meiner Sicht durch den so hoch gejubelten Wirtschaftsstandort Deutschland entstehen, werde ich in einem nächsten Beitrag aufzuzeigen versuchen.

Kommentare

  1. http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Er-hat-die-neue-europaeische-Erzaehlung-geliefert/story/18281834#kommentar

    .....dazu passt irgendwie auch die gestrige Sonntagsrede, welche ich erst heute "nachgehört" habe! Der alte Mann hat viele Dinge benannt und das wird der Kanzlerin und ihrem Gefolge wahrscheinlich kaum passen! Man muss nicht Alles toll und richtig finden, was Helmut Schmidt erzählt....aber einige Aussagen haben mich persönlich aufhorchen lassen!Daraus sind auch wieder Fragen entstanden.....

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Von Flüchtlingslagern, Festungen und Mauern

Mauer zwischen der Türkei und Syrien Neben der Fußball-WM sind es dieses Jahr Horst Seehofer, Kanzlerin Merkel und einige Exponenten der AfD, welche für das große Sommertheater besorgt sind. Ein "Masterplan" soll die Grundlage liefern, dass Europa mehr oder weniger flüchtlingsfreie Zone wird, in erster Linie aber Deutschland von weiteren Asylsuchenden entlastet wird. Mit einer "Festung Europa", einem von Goebbels im zweiten Weltkrieg eingeführten Begriff, soll vermeintlicher Schutz Sicherheit vor Flüchtlingsströmen suggeriert werden. Auch hier ist eigentlich offensichtlich, dass die treibende Kraft innereuropäische Staaten sind, welche das Ziel verfolgen, Flüchtlinge dorthin abzuschieben, wo sie erstmals europäischen Boden betreten haben - also in die Staaten, welche die Aussengrenze Europas bilden. Schauen wir doch etwas genauer hin: 

Heute ein Tourist - morgen 1000 Touristen (2)

 Wir verlassen nun die Türkei und Anamur und wenden uns dem Harz, im Speziellen dem Ostharz zu. Bereits bei letzterem Begriff wird es schwierig, weil es dazu äußerst unterschiedliche  Interpretationen  gibt. Während das nordöstlich am Harzrand gelegene Aschersleben (Salzlandkreis) gerne den Titel "Das Tor zum Harz" nutzt, liegt das 6 Kilometer entfernte Arnstein in Mansfeld-Südharz. Um Verwechslungen mit der seit Langem bestehenden Stadt Arnstein in Bayern zu verhindern, wählte man 2010 den Begriff Arnstein-Harz.  Zum Begriff Ostharz findet man auf Webseiten Sätze wie:  Brocken, Bodetal, Wernigerode, Quedlinburg und Rübeländer Tropfsteinhöhle. Sie suchen ein Programm wo Sie in 5 Tagen den  Ostharz  entdecken können...    Quelle   .. Die Könige Ich provoziere etwas: Wernigerode, Quedlinburg, Thale, Ballenstedt, Aschersleben, Hettstedt, Lutherstadt Mansfeld, Sangerhausen, Nordhausen, Bad Sachsa, Bad Lauterberg, Herzberg, Goslar. Alle Orte gelabelt oder assoziert auf Harz, obwo

Demografie: Horrorszenario Ost, wie oft noch?

Ich finde es wieder einmal erstaunlich, wie seit über 15 Jahren das immer-selbe demografische Horrorszenario als gottgegeben und die Zukunft der neuen Bundesländer beeinträchtigend , verbreitet wird. Seit über 15 Jahren wird "vorausschauend" in Form von IGEK und ISEK Infrastrukturabbau betrieben, womit eine punktgenaue Beschleunigung des beschriebenen Trends stattfindet.. Jede Gemeinde, die NICHT nach diesen Vorgaben plant, fällt aus den Landesförderprogrammen.... Gestützt oder "begleitet" wird dies durch Beiträge wie diese hier.. Strukturabbau auf Befehl, begründet mit vermeintlichen Fakten! Das Problem dabei: Inzwischen stellt man fest, dass diese Fokussierung auf Schwerpunktzentren völlig an den Bedürfnissen vorbei ging, die vor zehn Jahren getätigten Prognosen NICHT eingetroffen sind, und auch die jetzige 7. Regionalisierte Bevölkerungsprognose (Sachsen-Anhalt) auf mehr als fragwürdigen Basisdaten aufgebaut ist... Ab wann darf man eine Entwicklung auch