Ich greife als Einleitung auf einen Beitrag vom Dezember 2014 zurück. Ich habe damals die offensichtlich aufkochende Fremdenfeindlichkeit thematisiert. Eine Frage lautete: "Was ist denn mit der eigenen Haltung gegenüber den drängenden Problemen im gesellschaftlichen Zusammenleben? Reicht da der Verweis auf EU-Richtlinien, auf Zuteilungskontingente und gleichzeitig das Jammern, Deutschland nähme am meisten Flüchtlinge auf?"
Inzwischen ist es so, dass dieses, damals innenpolitisch skizzierte Thema, durch einen gewaltigen Fluchtlingstrek aus dem Balkan verdrängt wird. Rund 40% aller in Deutschland gestellten Asylgesuche der letzten Monate stammen aus dem Balkan, vermeintlich "sicheren Herkunftsländern" (in der Schweiz übrigens weniger als 10%) .
Also Wirtschaftsflüchtlinge? Es dürfte schwer fallen, ab einem bestimmten Armutsgrad, ab einer bestimmten Stufe von Zusammenbruch der Infrastrukturen von "gesichert" zu sprechen.
Balkan, so nah und so vergessen!
Erinnern wir uns noch an die Jugoslawienkriege 1991-2000? Der Zerfall Jugoslawiens in Kleinstaaten mit teilweise bis heute ungeklärtem Rechtsstatus (Kosovo) und auch immer wieder aufflammenden ethnischen und sozialen Spannungen. Wie geht es diesen Ländern heute? Wo stehen sie heute, auch wirtschaftlich? Man müsste annehmen gut, wenn man die Liste der EU-Kandidaten betrachtet:
- Beitrittskandidaten mit laufenden Verhandlungen: Montenegro, Serbien
- Beitrittskandidaten ohne laufende Verhandlungen: Albanien, Mazedonien
- Potentielle Beitrittskandidaten: Bosnien und Herzegowina, Kosovo,
Mit allen Staaten (Ausnahme Kosovo) bestehen von Seiten der EU bereits Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen . Allerdings ist seit 2010 keine wesentliche Bewegung mehr zu erkennen.
Die Armenhäuser, von denen wir nicht sprechen.
Hierzu einige Zahlen, recherchiert von einem guten Freund:
Auf seinem FB-Profil finden sich auch interessante und finanziell überraschende Lösungsvorschläge.
Es gäbe also durchaus finanzielle Steuerungsinstrumente, welche in den betroffenen Ländern die unmittelbare Situation der Einwohner, aber auch die generelle wirtschaftliche Lage verbessern könnten.
Also die Menschen im Balkan alimentieren?
7 Mia € im Jahr?
14 € pro EU/Bürger im Jahr? Blödsinn? Falls diese Meinung besteht:
Weshalb nur überschwemmt die EZB derzeit die Finanzmärkte mit monatlich über 50 Mia € und wem kommt DAS zugute?
Nicht zu übersehen ist im Falle des Kosovo, dass diese Region nach den Jugoslawienkriegen eigentlich gar nie richtig auf die Beine gekommen ist. ARD brachte dazu in dieser Woche eine interessante Reportage, in welcher auch aufgezeigt wurde, wie kläglich die EU-Maßnahmen NACH den Jugoslawienkriegen gescheitert sind:
Es ist also zu fragen, auf welcher Lebensgrundlage Familien im Kosovo überhaupt eine Zukunft planen können. Kein direkter Krieg, aber trotzdem keine Zukunft. Zu wenig zum Leben, zuviel zum Sterben. Die Definition "sicheres Herkunftsland" hilft da nicht weiter. In Albanien noch weniger und ganz betrüblich die Lage Montenegros.
Ebenso ist zu fragen: Ist es nicht seit jeher so, dass Menschen auf Grund wirtschaftlicher Not oder Naturkatastrophen zu wandern begannen? In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ist es nicht auch heute so, dass wir alle immer wieder abwägen, wo - in welchem Bundesland, in welchem Land, auf welchem Kontinent, sich unsere Visionen am Besten verwirklichen lassen? So betrachtet ist dieser Exodus aus dem Balkan nachzuvollziehen.
Zur Erinnerung: NACH dem 2. Weltkrieg sind zwischen 1950 und 1960 über 500 000 Menschen aus Deutschland West und Ost in die USA ausgewandert. Wirtschaftsflüchtlinge?
Vielleicht erinnern wir uns in diesen Tagen daran.
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